LGBTQ+ History Month & Intersex Awareness Day
- 23. Okt.
- 3 Min. Lesezeit
Ein Blick zurück. Ein Blick nach innen. Ein Blick nach vorn.
Als ich begonnen habe, mich intensiver mit queerer Geschichte zu beschäftigen, war ich – ehrlich gesagt – überrascht. Nicht über das, was alles überliefert ist, sondern über das, was vermutet wird.
Immer wieder werden alte Briefe, Kunstwerke, Anekdoten oder Lebenspartnerschaften auseinandergepflückt, um – Jahrhunderte nach dem Tod – doch noch ein Etikett zu finden: War diese Person nun schwul, lesbisch, bi, trans, nonbinary…?
Und bei allem Verständnis für queere Repräsentation und Sichtbarkeit frage ich mich doch manchmal:
Muss ein Mensch wirklich auf seine Sexualität oder Identität reduziert werden, damit er erinnerungswürdig ist?
Denn ehrlich gesagt – in einer gerechten Welt bräuchte es keinen LGBTQ+ History Month.
In einer gerechten Welt würden queere Menschen einfach mitgemeint, mitgedacht und mitgeschrieben.
Aber so lange das nicht der Fall ist, braucht es Monate wie diesen – um nicht zu vergessen, was gewesen ist, und um das zu schützen, was noch immer bedroht wird.

Oktober: LGBTQ+ History Month (z. B. im UK)
Der LGBTQ+ History Month wurde 2005 erstmals im Vereinigten Königreich eingeführt. Ziel ist es, die vielfältige Geschichte queerer Menschen sichtbar zu machen: mit all ihren Kämpfen, Beiträgen und Perspektiven.
Denn queere Geschichte wurde über Jahrhunderte hinweg entweder versteckt, ignoriert oder ausradiert: durch Kolonialismus, Religion, medizinische Pathologisierung oder gesellschaftliche Tabus.
Dieser Aktionsmonat soll daran erinnern, dass Menschen aller sexuellen Orientierungen und Geschlechtsidentitäten schon immer Teil unserer Gesellschaft waren – in Kunst, Wissenschaft, Politik, Sport, Alltag – und dass ihre Geschichten ebenfalls Geschichte sind.
Intersex Awareness Day (26. Oktober)
Am 26. Oktober wird jährlich der Intersex Awareness Day begangen – ein weltweiter Aktionstag zur Sichtbarkeit und Stärkung intergeschlechtlicher Menschen.
Er erinnert an einen Meilenstein im Jahr 1996:
Damals protestierten Aktivist*innen gegen medizinische Konferenzen in den USA, bei denen es um geschlechtsnormierende Eingriffe an Kindern ging – ohne deren Einwilligung.
Inter* Personen werden mit körperlichen Merkmalen geboren, die nicht den typischen medizinischen Definitionen von "männlich" oder "weiblich" entsprechen. Viele von ihnen erleben Diskriminierung, medizinische Gewalt oder Unsichtbarkeit.
Der Awareness Day will aufklären, Mut machen und politische wie gesellschaftliche Veränderungen anstoßen: für mehr Selbstbestimmung, Respekt und Schutz.
Impuls zum Nachdenken
Vom Zwang zum Sein. Vom Missverständnis zur Erkenntnis.
Ein besonders eindrückliches Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit war für mich der Fall einer intergeschlechtlichen Person in Polen.
Eine Frau, der bei der Geburt das männliche Geschlecht zugewiesen wurde – aus Unwissen oder Ignoranz, beides wohl keine Seltenheit.
Was diesen Fall so besonders macht: Ein rechtskonservativer Politiker war direkt beteiligt – und änderte seine Haltung, nachdem er sich tiefer mit der Geschichte dieser Person befasst hatte.
Es brauchte keine Ideologie. Keine Debatte. Kein Geschrei. Sondern: ein Gespräch, eine Erfahrung, ein echtes Leben.
Solche Momente zeigen mir:
Man darf dazulernen. Man darf sein Weltbild überdenken.
Man darf sich eingestehen: Ich wusste es einfach nicht besser.
Und genau das ist manchmal der erste Schritt, um besser zu handeln.
Meine persönliche Meinung
Ich selbst bin keine Mutter. Aber als Frau, als Mensch, als jemand, der schon viele Identitätswege begleitet und beobachtet hat, glaube ich:
Kinder sollten nicht in Rollen gepresst werden, für die ihr Körper nicht gemacht oder ihr Geist nicht bereit ist.
Intergeschlechtliche Kinder verdienen – wie alle anderen – Würde, Schutz und Zeit, um selbst zu entscheiden, wer sie sein wollen.
Medizinische Notwendigkeit ist das eine. Gesellschaftliche Projektion etwas ganz anderes. Und beides sollte bitte sauber getrennt werden.
Vielleicht ist es das, was wir aus diesen Tagen mitnehmen dürfen:
Nicht jeder muss laut sein. Aber alle dürfen sein.
Und niemand sollte das Gefühl haben, sich selbst ständig erklären zu müssen, nur um überhaupt mitgedacht zu werden.
Mehr dazu >> nächsten Donnerstag. 18.00 Uhr.
Denn Sichtbarkeit ist kein Trend.
Sie ist eine Notwendigkeit.
Bleib neugierig – und wenn du magst, teil diesen Beitrag mit jemandem, der vielleicht zum ersten Mal davon hört.
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